Wie ist der aktuelle Stand der Technik?

Normierte Steckverbinder mit CAN-Bus Datenleitungen

Zwei normierte Steckverbindungen bilden den derzeitigen Stand der Technik für die elektrische Übertragung von Signalen zwischen Zugmaschine und Anhängern im Nutzfahrzeugbereich: Die 15-poligen Stecker und Steckdosen nach ISO 12098 übertragen Licht- und Zusatzfunktionen; das 7-polige System nach ISO 7638-1 überträgt Bremssignale. Darüber hinaus versorgen zwei Druckluftwendeln die Druckluftbremsanlage.

Bei der Entwicklung und Normierung dieser beiden elektrischen Steckverbinder kam neben den Kontakten zur Übertragung von Lichtsignalen und Leistungsversorgung von Verbrauchern die damals neueste Technologie der Datenübertragung zum Einsatz. Der von BOSCH entwickelte CAN-Bus (Controller Area Network) fand zunächst Einzug in PKWs und kurz darauf auch im LKW-Bereich. Diese Technik der seriellen Datenübertragung über zwei verdrillte Leitungen ist noch heute die weitverbreitetste, sicherste und kostengünstigste Lösung bei Automotive-Anwendungen.

Der CAN-Bus ist im 15-poligen Steckverbinder für die Licht und Versorgungsleitungen nach der ISO 12098 als auch im 7-poligen EBS-Steckverbinder (Electronic Braking System) der ISO 7638-1 implementiert - hier Belegungstabelle und Steckbild für ISO 12098 und ISO 7638-1.

Die General Safety Regulation (GSR) stellt neue Anforderungen an den Anhängerbetrieb

Mit der am 5. Januar 2020 in Kraft getretenen EU-Verordnung Nr. 2019/2144 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern werden zukünftig neue Fahrzeugsicherheitssysteme für schwere Nutzfahrzeuge zur Pflicht erhoben.

Siehe auch den ERICH JAEGER Artikel zur General Safety Regulation (weitere Informationen hier).

Umsetzbar sind diese neuen Forderungen durch die Implementierung in den Datenprotokollen nach ISO 11992-2 und -3 auf den bisherigen CAN-Bus Leitungen.

Bei der Umsetzung neuer Sicherheitssysteme hätten die Autoren der EU-Richtlinie gern noch weitere Funktionen des teil- oder vollautonomen Fahrens integriert. Der limitierende Faktor bei der Einführung dieser teil- oder hochautomatisierten Fahrfunktionen für ganze Lastzüge ist hier jedoch die begrenzte Geschwindigkeit der aktuellen Datenübertragung: Über den CAN-BUS Datenkanal ist eine maximale Datenübertragungsrate von 125 kbit/s möglich.

Technologiewechsel zur breitbandigen Datenübertragung - eine Studie

In der Forschungsvereinigung Automobiltechnik unter dem Dach des VDA (Verband der Automobiltechnik) arbeitet ERICH JAEGER an der Zukunft der Breitbanddatenübertragung für die hochschnelle Datenübertragung zwischen Lastwagen und Anhänger mit. Ein Ergebnis dieser Kooperation ist die Studie "Schnelle, breitbandige Datenübertragung zwischen Truck und Trailer als Voraussetzung für das hochautomatisierte Fahren von Lastzügen".

Ein erster Bericht der Forschungsarbeit mit vielen technischen Details und Messwerten ist unter der FAT-Schriftenreihe mit der Nummer 340 beim VDA zum Download in deutscher Sprache bereitgestellt: https://www.vda.de/vda/de/aktuelles/publikationen/publication/fat-schriftenreihe-340

Warum ein Technologiewechsel notwendig wird

Teil- oder hochautomatisierte Fahrfunktionen setzen für die Identifikation von Objekten in der Umgebung zahlreiche untereinander vernetzte Sensoren ein: Kamera- und Lidarsysteme erfordern leistungsfähigere Bussysteme mit hohen Datenraten und kurzen Latenzzeiten. Im PKW- und leichten Nutzfahrzeugbereich finden solche neuen Technologien bei den Fahrzeugherstellern bereits ihren ersten Einsatz.

Herausforderungen im Nutzfahrzeugbereich

Im Nutzfahrzeug wird es jedoch komplexer. Hier kommen unterschiedliche LKW-Hersteller mit unterschiedlichen Anhängerherstellern zusammen. Für die Übertragung von Sicherheitsfunktionen ist eine problemlose Interoperabilität Voraussetzung. Darüber hinaus muss die Datenübertragung über deutlich längere Distanzen sichergestellt werden - bei großen Fahrzeuggespannen betragen diese bis zu 40 m.

Die Herausforderungen an ein neues Breitband-Datenstecksystem sind sehr vielschichtig, da Fahrzeuhersteller nationale Bestimmungen und EU-Regularien ebenso berücksichtigen müssen wie internationale Bestimmungen. Zudem haben die aktuellen Steckverbinder seit ca. 30 Jahren Bestand, und auch die neue Technologie soll trotz des schnellen Technologiewandels über einen langen Zeitraum den Standard bilden und zudem rückwärtskompatibel sein.

Die Anpassung von Regelwerken, Gesetze und Normen bedürfen mehrerer Jahre Arbeit, um Rechtssicherheit und Kompatibilität im Zulassungsverfahren für den grenzüberschreitenden Lieferverkehr zu gewährleisten.

Aufgrund der länderübergreifenden Initiativen zur Einführung von mehr autonomen Fahrfunktionen werden hier zukünftige neue Regelungen auf uns zukommen. Noch ist jedoch keine Prognose absehbar, ab welchem Zeitpunkt ein voll autonomes Fahren nach Level 5 (nach der 5-Stufen Klassifizierung zum automatisierten Fahren) möglich sein wird. Dennoch haben die Autoren der Studie bei der Betrachtung des neuen Systems ein Augenmerk auf die größtmögliche Zukunftssicherheit gelegt.

Anforderungen der Norm ISO 26262 an eine Kommunikationsverbindung

Teilautonome Fahrfunktionen und -systeme müssen natürlich extrem sicher und zuverlässig funktionieren, um die Verkehrssicherheit so hoch wie möglich zu halten. Dazu gibt es die ASIL-Klassifikation (Automotive Safety Integrity Level), der sich diese Systeme unterordnen müssen (weitere Informationen zu dieser Klassifizierung und zur Norm ISO 26262 finden Sie hier). Sobald es in den Bereich des automatisieren Fahrens nach Level 3 geht, muss der Funktion der höchste ASIL D nach der ISO Norm 26262 zugeordnet werden. Eine Berücksichtigung dieser Einordnung gilt es bei der Entwicklung zu berücksichtigen.

Ergebnisse der Forschungsarbeit - Entscheidung für Automotive Ethernet

Eine funkbasierte oder optische Datenübertragung wurde im Laufe der Betrachtung aller möglichen Übertragungskanäle ausgeschlossen. Die Studie betrachtet daher das leitungsgebundene Übertragungssystem als finalen Lösungsansatz zur Umsetzung der spezifizierten und gelisteten Anforderungen.

Nach einer Betrachtung mehrerer Kommunikationssysteme mit unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten legten sich die Autoren darüber hinaus auf die Ethernet Technologie fest.

Ein Ausschlusskriterium bildeten die geplanten Applikationen und die erforderlichen Datenrate und Latenzzeit. Die Applikationen mit dem höchsten Datenvolumen sind dabei Kameras - z.B. für die Rückraumüberwachung als Fahrassistenz oder für die 360-Grad-Ansicht als Rangierhilfe. Viele weitere Applikationen zur Steuerung von neuen Funktionen am Anhänger benötigen geringere Datenraten.

Festlegung auf Automotive Ethernet 1000Base-T1

Die Auswertung der Datenmengen für die unterschiedliche Applikationen ergab abschließend die folgenden notwendigen Parameter:

ParameterWert
Datenrate1 Gbit/s
Latenzzeit1 ms
Kanallänge40 m

 

 

 

 

 

 

Dabei untersuchte die Studie alle bereits im technischen Einsatz befindlichen Bussysteme genauso wie Systeme, die sich noch in der Entwicklung befinden, um eine weittragende und zukunftsfähige Technik zu definieren. Die Wahl fiel dann auf die unter „Fast Ethernet“ spezifizierte Technologie 1000BASE-T1.

Die Ethernet Technologie basiert auf einer paketvermittelnden Netzwerktechnik mit einer Adressierung an einen eindeutigen Empfänger. Die im Industriebereich schon lange und etablierte Technik hat im PKW-Bereich ihren Einsatz bereits dort gefunden, wo die nach einem Master-Slave-Prinzip arbeitende CAN-BUS Technologie an Ihre Grenzen kommt.

1000BASE-T1 ist eine Single Pair-Technologie mit einer Bandbreite von 600 MHz. Diese ist auch unter IEEE 802.3bp bekannt und wird von der OPEN ALLIANCE für den Einsatz im Automobil spezifiziert.

Es wurden zwei unterschiedliche Typen entsprechend der Länge des Übertragungskanals definiert (weitere Informationen hier):

  • Typ A für ungeschirmte Leitungen (UTP = Unshielded Twisted Pair) für eine Reichweite von 15 m
  • Typ B für geschirmte Leitungen (STP = Shielded Twisted Pair) für eine Reichweite von 40 m

Eingehende Untersuchungen, die vorhandenen Stecksysteme nach ISO 7638 und ISO 12098 für die Datenübertragung nach 1000BASE-T1 zu qualifizieren, sind fehlgeschlagen.

Der Lösungsansatz von ERICH JAEGER

Als Konsequenz stellte ERICH JAEGER als Kooperationspartner der Studie einen neu entwickelten Prototyp einer kompletten Verbindung zwischen Lastwagen und Anhänger für eine Untersuchung bereit. Diese beinhaltet Stecker und Steckdosen sowie auch die Kabel.

In die Steckverbindung mit den äußeren Geometriedaten der bekannten 15-poligen Steckverbindung nach ISO 12098 integrierte das Unternehmen gleich zwei neuartige Datenkanäle sowie weitere Signalkontakte.

Eine völlige Neuentwicklung stellt zudem eine Spiralleitung dar, die mit zwei 1000Base-T1 Kanälen bestückt ist.

Die von ERICH JAEGER geprüften Systeme haben gezeigt, dass die technologisch neuen Steckverbinder und Wendelleitungen die Anforderungen des 40 m Übertragungskanals erfüllen.

Darüber hinaus können die Untersuchungen des VDA-Berichts aufgrund der fehlenden Qualifikation der Transceiver für den Typ 1000BASE-T1 Type B (für 40 m) jedoch nur als informativ gewertet werden.

Im Jahr 2022 werden voraussichtlich für den 40 m Datenkanal erste Chips auf dem Markt kommen. Damit wäre das neue Stecksystem mit einem Datenkanal auf Basis der Fast-Ethernet-Technologie 1000BASE-T1 das aktuell modernste am Markt verfügbare System.

Rückwärtskompatibilität

Was bedeutet die Einführung eines solchen neuen Stecksystems für die aktuelle Systemlandschaft mit den bekannten 7-poligen Steckverbindungen („Bremsenstecker“ nach ISO 7638) und 15-poligen Steckverbindung („Lichtstecker“ nach ISO 12098)?

Ab hier beginnt die Normungsarbeit, bei der die Rückwärtskompatibilität für den Nutzer und ERICH JAEGER von hoher Priorität ist und Berücksichtigung finden wird. Die bekannten Systeme werden damit zunächst weiterhin Bestand haben. Aber in nicht allzu ferner Zeit wird sich die Systemlandschaft erweitern und neue smarte Funktion über einen neuen Steckverbinder möglich sein.

Fazit - Neuer Datenkanal muss hohen Anforderungen entsprechen

Mit den aktuellen Datenkanal gestaltet ERICH JAEGER die Zukunft der Breitband-Datenübertragung zwischen Zugmaschine und Anhänger.

Die Integration der neuen Technologie in die Welt der Nutzfahrzeuge, Agrar- oder Baumaschinen ist Kernkompetenz im Haus ERICH JAEGER. Dabei berücksichtigen die neuen modular aufgebauten High-Speed Datensteckverbinder die Besonderheiten der jeweiligen Branche.

Allen gemein sind jedoch die hohen Anforderungen hinsichtlich extremer Robustheit und Zuverlässigkeit:

  • Betriebsumgebung von -40°C bis +125°C
  • Höchste Anforderungen an Wasserdichtheit (wasserdicht nach IPX9K, IPX7)
  • Hohe Steckzyklenanzahl von mehreren tausend Steckungen über den gesamten Lebenszyklus.
  • Integration in ein System, das auch den höchsten Sicherheitsanforderungen von automatisierten Fahrfunktionen mit einer noch zu definierenden ASIL (Automotive Safety Integrity Level) Sicherheitseinstufung entspricht
  • Einsatz von robusten Hybridkabeln für Daten- und Versorgungsleitungen mit hohen Rückstellkräften bei Wendelleitungen
  • Funktionssicherheit bei Niedrigtemperaturen im Winter und extremer Hitze durch hohe Umgebungs- und Motor-/Getriebetemperaturen

Branchenspezifische Applikationen - High-Speed Datensteckverbinder

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